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Edelstahl Rostfrei im Impfschutz

Impfstoffe, im Fachbegriff Vakzine, gehören zu den wichtigsten und wirksamsten medizinischen Maßnahmen, um vor ansteckenden Krankheiten zu schützen oder schwere Krankheitsverläufe zu verhindern. Der französische Chemiker Louis Pasteur gilt als Vater der bis heute gültigen Theorie zur Herstellung von Impfstoffen: Er wies Ende des 19. Jahrhunderts den Zusammenhang von Infektionskrankheiten und Impfungen nach. Entwicklung, Herstellung und Transport der empfindlichen Substanzen bis zum Impfling stellen höchste Anforderungen an die eingesetzten Anlagen und Komponenten. In einer Vielzahl von Aggregaten und Instrumenten ist deshalb Edelstahl Rostfrei etablierter Standard.

Laut der Weltgesundheitsorganisation (WHO) retten Impfungen jedes Jahr das Leben von bis zu drei Millionen Menschen und haben die Kindersterblichkeit weltweit halbiert – ohne Berücksichtigung der Ergebnisse im Kontext der Covid-19-Pandemie. Covid-19 ist jedoch der aktuelle Beweis für die Bedeutung von Impfungen zur Bekämpfung weltweiter Epidemien durch Infektionskrankheiten. In Deutschland empfiehlt die Ständige Impfkommission (STIKO) am Robert-Koch-Institut eine Reihe an Standardschutzimpfungen beispielsweise gegen Kinderlähmung, Masern, Diphtherie oder Keuchhusten. Hinzu kommen sogenannte Indikationsimpfungen für Reisen in ferne Länder oder Risikogruppen wie immungeschwächte oder ältere Menschen. Neben klassischen Impfstoffarten – Lebend-Impfstoffe für lebenslangen Schutz und Tot-Impfstoffe, die eine regelmäßige Auffrischung des Impfschutzes erfordern – gewinnen zunehmend genbasierte Impfstoffe an Bedeutung. Anstelle eines Krankheitserregers nutzen sie genetische Informationen zur Herstellung eines Antigens. Auf dieser Basis wurden auch die aktuell gegen Corona verabreichten mRNA-Impfstoffe entwickelt. Genbasierte Impfstoffe verwenden synthetisch hergestellte Moleküle der Ribonukleinsäure, um den Körper zu veranlassen, ein Protein zum Auslösen einer Immunreaktion herzustellen.

Von der Zelle zum Konzentrat

Die Herstellung klassischer Impfstoffe beginnt im sogenannten Upstream-Bereich, einem mehrstufigen Fermentationsprozess. Die eingesetzten Fermenter sind Edelstahltanks, deren Volumen fünf bis 1.500 Liter und mehr umfasst. Während kleinere Formate bei entsprechend geringen Mengen in Laboratorien und für klinische Studien zum Einsatz kommen, dienen die großen für die Marktversorgung. Basis sind Mikroorganismen, die auf einen Nährstoffboden gegeben werden, um Zellkulturen bis zur gewünschten Dichte der Organismen zu züchten. Zur Aufnahme der so entstandenen zähflüssigen Masse kommen sogenannte Erntenadeln und zur anschließenden Verteilung der Rohprodukte Spezialnadelhalterungen aus hochwertigen nichtrostenden Stählen zum Einsatz. Für die Zellernte werden die Zellen mit Edelstahlzentrifugen von der Kultur getrennt. Bis die gewünschten Wirkstoffe für Antikörpertherapien entstehen, durchlaufen die Flüssigkeiten mehrere Phasen in einem Bioreaktor. Diese Reaktoren mit Rührwerken aus Edelstahl Rostfrei sind vom 50-Liter-Pilotmaßstab bis zur kommerziellen Produktion mit 2.000 Liter Volumen anpassbar. Im anschließenden Downstream-Bereich werden alle Fermentationsprodukte abgetrennt. Bis zur Produktion im großen Maßstab erfolgen umfangreiche Filtrationsprozesse zur Reinigung und Aufkonzentration der gewünschten Produkte. Für die dabei zur Klär-, Ultra- und Steril-Filtration eingesetzten Systeme aus Edelstahl Rostfrei gelten höchste Sicherheits- und Qualitätsanforderungen. Erschwert werden die Produktionsbedingungen durch die spezifische Beschaffenheit der Impfstoffbestandteile. Alle im Prozess eingesetzten Apparate, Armaturen, Messgeräte, Rührwerke, Rohre und Verbindungen müssen in Design und Leistung vom Labormaßstab bis zur Produktionsanlage identisch ausgelegt sein. Nur so stellen sie ein gleichermaßen schnelles wie präzises Skalieren bei konstant gleich hoher Produktqualität sicher. Besonders hoch sind die Anlagenanforderungen für sterile Arzneimittel wie Impfstoffe, die per Injektion verabreicht werden.

Gefragte Werkstoffeigenschaften

Zur Gewährleistung der geforderten Prozessintegrität ist Edelstahl Rostfrei im pharmazeutischen Anlagenbau in den Güten 1.4301, 1.4401, 1.4404 und 1.4435 mit elektropolierter Oberfläche breit etabliert. Seine werkstofftypischen Eigenschaften qualifizieren ihn für alle im Prozess eingesetzten Komponenten – von Rohren, Fittings, Verbindungsstücken und Ventilen aller Art bis hin zu Apparaten und Baugruppen. Ein produktspezifisches GMP (Good Manufacturing Practices)-gerechtes Design gewährleistet die Herstellung nach festgelegten Qualitätsstandards. Gemäß dieser Designvorgabe darf die Produktqualität nicht durch Wechselwirkungen zwischen produktberührten Oberflächen und dem Produkt negativ beeinflusst werden. Zudem müssen die produktberührten Oberflächen der Anlagen und Armaturen glatt und gut zu reinigen sein, um die Anhaftung von Mikroorganismen zu verhindern. Im pharmazeutischen Anlagenbau ist eine Oberflächenrauheit von Ra ≤ 0,8 μm der metallischen Oberfläche für produktberührte Flächen üblich. Beispielhaft für die hohen Anforderungen stehen automatisierte Dosierstationen für flüssige Rohstoffkomponenten aus Dosierkopf mit bis zu 15 Dosierventilen aus nichtrostenden elektropolierten Qualitätsstählen: Die produktberührten Innenflächen der Impfstoffbehälter für die Feindosierung und der Impfstoffverteiler werden mit der Rauheit Ra 0,2 µm hergestellt. Totraumfreie Konstruktionen mit integrierten CIP (Cleaning in Place) und SIP (Sterilisation in Place)-Systemen gewährleisten, dass die produktberührten Flächen von Behältern, Rohrleitungen und Ventilen zwischen den einzelnen Produktionsläufen ohne vorherige Demontage zuverlässig gereinigt und mit Dampf sterilisiert werden können. Dazu tragen auch nahtlose Materialübergänge, geringste Spaltmaße sowie spaltfreie Verbindungsabschlüsse maßgeblich bei.

Zur Impfstoffherstellung wird Wasser in besonders reiner Qualität für Injektionszwecke (WFI) benötigt. Bei seiner Herstellung in Mehrkolonnendestillation regeln Druckminderventile aus tiefgezogenem Edelstahl Rostfrei den Reinstdampf. Hochbeständig gegen die aggressive Dampfatmosphäre und leicht zu reinigen, halten sie den damit verbundenen Herausforderungen dauerhaft stand. Ihre durch den Tiefziehprozess bedingte geringe Masse minimiert zudem die Wärmeverluste bei CIP- und SIP-Anwendungen. Druckbehältertanks und Tankanschlüsse aus Edelstahl der Werkstoffgüten 1.4404 oder 1.4307 halten die für die Impfstoffproduktion benötigten Lösungsmittel vor. Sie erfüllen die speziell für die Pharmaindustrie geltenden hohen Anforderungen an Materialien und Verarbeitung gemäß den Vorgaben der DGRL (Druckgeräte)-Richtlinie und dem internationalen von der American Society of Mechanical Engineers (ASME) anerkannten Bioprocessing Equipment (BPE)-Standard, der die Konstruktion und den Bau von Geräten zur Herstellung von Biopharmazeutika definiert.

Erfolgskritische Lagerung

Auch bei Transport und Lagerung der Impfstoffe trägt Edelstahl Rostfrei zur Impfstoffsicherheit bei. mRNA-basierte Impfstoffe sind physikalisch-chemisch weniger stabil als klassische Vakzine. Eine unterbrochene Kühlkette führt zum Verlust ihrer Wirksamkeit. Deshalb müssen sie im tiefgefrorenen Zustand bei    –60  C bis –80 °C gelagert werden. Ultratiefkühlschränke für Kliniken und Großhändler stellen mit einem komplett aus Edelstahl gefertigten Innenraum die geforderte sachgerechte und kontrollierte Lagerung der Impfstoffkonzentrate sicher. In Edelstahlröhrchen eingebaute Platin-Temperatursensoren mit sogenannten Datenloggern dokumentieren lückenlos die Einhaltung der geforderten Temperatur. In der Arztpraxis oder im Impfzentrum wird das Impfstoffkonzentrat aufgetaut und im Kühlschrank gelagert. Dadurch verkürzt sich die Haltbarkeit auf wenige Tage. Vor der Verabreichung wird das aufgetaute Impfstoffkonzentrat mit einer Kochsalzlösung in definierter Konzentration verdünnt und innerhalb kurzer Zeit den Impflingen injiziert – am häufigsten erfolgt dies in den Oberarmmuskel oder in den Oberschenkel. Damit die Injektion des Impfstoffs möglichst schmerzarm ist, kommt eine Einmalkanüle aus Edelstahl Rostfrei mit besonders glatter Oberfläche und speziellem Facettenlang- oder -kurzschliff zum Einsatz.

Impfstoffe sind Hoffnungsträger und wirksame Waffe zugleich für den Schutz der Menschen vor zahlreichen altbekannten sowie neuen Infektionskrankheiten. Ihre Entwicklung und Produktion sind in jeder Phase herausfordernd und oftmals – wie bei der Covid-19-Pandemie – ein Wettlauf mit der Zeit. Erfolgskritische Voraussetzung für einen effizienten Prozess sind maximale Zuverlässigkeit und lückenlose Hygiene aller eingesetzten Komponenten. Als bewährter Standardwerkstoff für die von der Entwicklung bis zur Injektion der Impfstoffe eingesetzten Aggregate und Bauteile leistet Edelstahl Rostfrei mit Qualitätssiegel dazu einen bedeutenden Beitrag.

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